25. Mai 2016
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Was haben der Berliner Hauptbahnhof und die Föderalismusreform gemeinsam?

Sie werden in diesem Jahr zehn Jahre alt.

Als einer der „Väter“ der Reform bezeichnete Edmund Stoiber seinerzeit die Föderalismusreform als die „Mutter aller Reformen“. Unter dieser vermeintlichen “Mutter“ möchte man 10 Jahre zurückschauend kein Kind sein, denn durch die Reform ist die Gerechtigkeit in der Bundesrepublik Deutschland empfindlich gestört worden.

Die grundgesetzlich normierte Gleichheit der Lebensverhältnisse entgleist und alle Bürgerinnen und Bürger, nicht nur die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, sind betroffen. Nationale Universitäten konkurrieren untereinander, unterschiedlich hoch motivierte Polizisten dienen den Bürgern aufgrund unterschiedlicher Bezahlung bei denselben Aufgaben, und aus ehemals 100 Bestimmungen zur Besoldung sind mittlerweile mehr als 2500(!) geworden. Es existieren circa 30 000 Einzelbestimmungen zur Versorgung, also hat die Reform auch das hehre Ziel vom Bürokratieabbau verfehlt. Der vom dbb prognostizierte Wettbewerbsföderalismus zwischen reichen und armen Ländern ist im vollen Gange – ein Ende nicht abzusehen. Die Folge: Finanzschwache Bundesländer geraten immer stärker ins Hintertreffen und die wesentlichen Pfeiler der flächendeckenden Daseinsvorsorge, wie etwa Bildung, Sicherheit und eine bürgernahe Verwaltung, geraten wissentlich ins Wanken.

In Zeiten weiterer europäischer Zentralisierung ist die Rückkehr Deutschlands zur Kleinstaaterei eine Absurdität, die ihresgleichen sucht. Dabei ist zu erkennen, dass wie so oft der zweite vor dem ersten Schritt gemacht wurde, denn erst nach der Grundgesetzänderung, wo eilig Aufgaben verteilt wurden, sind die notwendigen Finanzierungen im Streit der Länder untereinander bzw. mit dem Bund geklärt worden. Weitsicht sieht anders aus.

Was fehlt, sind Schritte, wie sie der dbb am 25. Mai anlässlich des dbb forums ÖFFENTLICHER DIENST formulierte und forderte: Her mit einer Grundeinheitlichkeit, um dem Grundgesetz wieder Genüge zu tun. Denn auch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldung wird die geöffnete Schere nicht wieder gänzlich schließen lassen. Der ehemalige SPD Fraktionschef Peter Struck entgegnete auf die Frage, ob durch die Reform nicht zu viel Kompetenz in die Länder gegeben wird: „Die Landtagsabgeordneten sind nicht dümmer als die Bundestagsabgeordneten“. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen, was aber auch zur Wahrheit gehört, ist die Tatsache, dass die Landtagsabgeordneten in Zeiten von knappen Kassen und Schuldenbremse auch kreativer geworden sind und den öffentlichen Dienst als stets zur Verfügung stehendes Einsparpotenzial ansehen.

Zur eingangs gestellten Frage bleibt festzustellen, dass sich der Berliner Hauptbahnhof als wichtiges zentrales Bindeglied zwischen Nord und Süd sowie Ost und West entwickelte, wogegen die Föderalismusreform zu mehr Kleinstaaterei, größerer Binnenwanderung und Heldenklau führt.

Schluss mit dem Wettbewerb der Länder untereinander - die Konkurrenz mit der Wirtschaft reicht!

Dietmar Knecht
dbb Landesvorsitzender